Tradition heißt nicht die Asche aufheben, sondern die Flamme
weiterreichen. (Ricarda Huch)

Der veränderte Blick
(Lk 24, 13-35)

Ja, liebe Kinder und liebe Erwachsene,


warum wir Ostern feiern, das hat uns Axel gerade vorgelesen und im Lied haben wir das auch gleich noch mal gesungen. Denn die Geschichte vom leeren Grab ist ja wirklich eine erstaunliche Geschichte, und eigentlich eine Geschichte zum Freuen! Weil der Tod hier nicht das letzte Wort hat!

Aber: wer jetzt denkt, die Jüngerinnen und Jünger damals waren deshalb begeistert und haben sich auch wirklich gefreut, der irrt leider. Schon von den Frauen, die beim Grab waren, wird erzählt, dass sie weggelaufen sind und niemandem was erzählt haben. Die waren nicht fröhlich, sondern hatten nur Angst!

Und den Jüngern, denen ging es nicht anders. Mit Jesu Tod war die Stimmung gekippt, und zwar absolut ins Negative. Auch sie waren ängstlich und traurig und enttäuscht. Und daran hat auch die Geschichte vom leeren Grab zunächst nichts geändert.

Zwei dieser traurigen Gestalten sind Kleopas und Andreas. Sie haben sich entschieden, Jerusalem zu verlassen und wieder nach Hause zu zurückzukehren. Das Dorf, aus dem sie gekommen sind, heißt Emmaus. Dahin sind sie jetzt unterwegs. Und schaut mal, da kommen sie gerade:

Andreas    Mir ist so kalt… - ich spüre nicht mal mehr meine Hände…

Kleopas     Ja, kalt ist mir auch und ich bin hundemüde. – Es ist alles so öde…

Andreas    und völlig sinnlos. Wir laufen hier rum, aber das hat doch alles keinen Sinn mehr. (bleibt stehen und setzt sich auf den Boden) Geh du allein weiter. Ich bleib einfach hier zurück. Ich kann einfach nicht mehr. Und ich will auch nicht mehr.

Kleopas     Andreas, das geht nicht... (versucht, ihn hochzuziehen, schafft es aber nicht.) Du kannst hier nicht einfach sitzenbleiben. Entweder du erfrierst oder die Schakale fressen dich oder Räuber schlagen dich tot. Bitte, reiß dich zusammen! Ich werde dich hier nicht zurücklassen! Und es ist ja auch nicht mehr weit. Bis es Abend wird, sind wir bestimmt Zuhause.

Andreas    (Andreas lässt sich von Kleopas hochhelfen) Aber was soll ich Zuhause? Ich kann nicht mehr einfach zurück in mein altes Leben, nach allem was ich mit Jesus erlebt habe. Er hat mich umgekrempelt, meinem Leben eine völlig neue Richtung gegeben. Durch ihn habe ich plötzlich vieles ganz anders gesehen und war begeistert! – Und jetzt ist er einfach weg. Tot. Ende Gelände.

Kleopas     Andreas, meinst du etwa, ich bin nicht traurig? Und wie es weitergehen soll – ich weiß es doch auch nicht. Aber einfach hier sitzen bleiben ist auch keine Lösung. Ich weiß im Moment nur, dass ich friere und Hunger habe. Und vielleicht können wir wenigstens dagegen etwas tun.

(Sie gehen langsam bis nach vorn)

Tja, so ist es Andreas und Kleopas damals ergangen. Und ihre Geschichte bekommt ihr jetzt in die Hand: auf dieser kleinen Karte ist sie drauf. Davon habe ich für jeden eine. Die verteilen wir jetzt und dann schauen wir uns die Geschichte mal an.

Karten verteilen

Habt ihr schon gemerkt, was das Besondere an dieser Karte ist? Richtig, es ist nicht nur eine Bild darauf, sondern mehrere. Deshalb kippt die Karte zuerst mal so, dass sie senkrecht steht und etwas tiefer ist als eure Augen. Dann müsstet ihr Andreas und Kleopas sehen. Sie laufen nach Emmaus, auf dem Bild von rechts nach links Andreas ist der mit dem blau-weiß-gestreifte Hemd. Kleopas mit dem gelben.

Wie sehen die beiden aus? – Genau, traurig sehen sie aus. Und müde. Und was ihnen so durch den Kopf geht, das haben uns die Beiden ja gerade erzählt. Das ist jetzt aber noch nicht alles. Fällt euch noch etwas auf? – Richtig, da gibt es noch eine dritte Person, die hinter den beiden geht. Und jetzt fragen wir mal Axel, was über diese Person in der Bibelsteht:

Zwei Jünger waren unterwegs zu dem Dorf Emmaus. Sie sprachen über alles, was sie in den letzten Tagen Trauriges erlebt hatten. Während sie miteinander redeten und hin und her überlegten, kam ein Mann zu ihnen. Er schloss sich ihnen an und redete mit ihnen. Aber es war, als ob ihnen jemand die Augen zuhielt, und deshalb erkannten sie ihn nicht.

Der Mann fragt: Warum seid ihr so traurig? Und die Jünger erzählen ihm von ihrem Freund Jesus und von seinem Tod am Kreuz. Der fremde Mann hört zu. Er kennt sich gut in der Bibel aus und sagt:

In den Schriften steht, dass das geschehen würde. Jesus hat sein Leben ganz für die Menschen eingesetzt. Er hat für sie gelebt und ihnen geholfen, wo er konnte. Aber dass man sogar sein Leben für andere einsetzt, das verstehen viele nicht. Sie merken auch nicht, das Gott uns gerade dann ganz nahe ist, wenn wir etwas so Schweres erleben. Und sogar ihr, die ihr Jesus doch so gut gekannt habt, erkennt das nicht.

Warum erkennen die beiden den Mann nicht? – Die Bibel sagt, weil ihre Augen wie zugehalten waren. Wenn man das ganz genau übersetzt, steht da sogar „Ihre Augen waren beherrscht“. Beherrscht von Trauer und Leid, so sehr, dass sie nichts anderes mehr sehen konnten. Und ich glaube, das kennen wir alle: Wenn es schwierig wird, sind wir nur noch mit den Schwierigkeiten beschäftigt. - Tunnelblick.
Aber dass der Mann mit ihnen redet, das finden sie trotzdem tröstlich. So kommen sie tatsächlich noch kurz vor dem Dunkelwerden in Emmaus an. Und als der sich von ihnen verabschieden will, bitten sie ihn, mit rein zu kommen: Sie sagen:

Herr, bleibe bei uns, denn es will Abend werden und der Tag hat sich geneigt.

Wie wichtig es ist, dass jemand bei uns ist, wenn es dunkel um uns ist, auch das wissen wir, glaube ich, alle. Und deshalb wollen wir diesen Vers jetzt auch gemeinsam singen.

Herr, bleibe bei uns…

Und jetzt ist es Zeit, dass wird uns das zweite Bild auf der kleinen Karte ansehen. Wenn ihr diese wieder vor euch haltet und ein bisschen nach hinten kippt, was seht ihr dann? – Richtig: Da sind wieder Kleopas links und Andreas rechts und in der Mitte, da steht der fremde Mann.
Aber könnt ihr vielleicht auch erkennen, was der macht? – Nun, Axel kann es uns wieder sagen, weil auch das in der Bibel steht:

Nachdem er sich mit ihnen zum Essen niedergelassen hatte, nahm er das Brot und sprach das Dankgebet. Er brach das Brot in Stücke und gab es ihnen.

Und die beiden, was machen die für ein Gesicht? – Genau, die staunen. Sie sind völlig überrascht. Denn:

Da fiel es ihnen wie Schuppen von den Augen und sie erkannten ihn. Sie erkannten Jesus.

Wie wir das Bild gekippt haben und jetzt ein neues Bild sehen, genauso hat sich der Blickwinkel bei Andreas und Kleopas geändert. Nicht mehr die Trauer und das Leid beherrschen ihren Blick, sondern jetzt sehen sie, wie dieser Mann das Brot mit ihnen teilt. Das aber hat nur einer so gemacht hat: Jesus! Daran erkennen sie ihn. Und dann erinnern sie sich auch, das schon auf dem Weg etwas mit ihnen passiert ist:

Brannte nicht unser Herz, als er unterwegs mit uns redete und uns die Heiligen Schriften erklärte?

Es war Jesus, der uns auf unseren trostlosen Weg begleitet hat. Das sehen sie jetzt und das spüren sie im Herzen. Und ich sage nochmal: Auch das wissen wir sicherlich alle, wie unglaublich wichtig es ist, im Leben einen guten Begleiter zu haben, so jemanden wie Jesus, der unseren Blick verändern kann gerade dann, wenn wir nur noch die Probleme und Schwierigkeiten sehen. Und deshalb wollen wir jetzt ein zweites Mal gemeinsam singen: Ich möchte das einer mit mir geht.

Ich möchte, das einer mit mir geht

Ja, ihr lieben kleinen und großen Leute, was sich verändert, wenn wir Jesus auf unserem Weg begegnen, das seht ihr, wenn ihr das Bild jetzt noch einmal zur Hand nehmt und nochmal etwas weiter kippt. Was seht ihr? – Richtig, Andreas und Kleopas laufen zurück nach Jerusalem! Und was machen sie für Gesichter: Richtig, sie freuen sich! Und jetzt lauschen wir nochmal, was die Beiden jetzt miteinander zu reden haben.

Andreas    (ungeduldig, aber fröhlich) Jetzt komm doch endlich! Wir müssen los! Wir sind Jesus begegnet. Das müssen wir unbedingt den anderen Jüngern erzählen. Die werden Augen machen!

Kleopas     Ja, ja, ich komm ja schon. Nur noch schnell die Sachen zusammen packen… Er macht umständlich eine Tasche mit Sachen fertig: darunter etwas zu Essen und etwas Geld.

Andreas    (lacht) Kleopas. Jetzt lass das. Das brauchen wir alles nicht!

Kleopas     Und wenn uns kalt wird oder wir müde werden? - Es ist doch schon mitten in der Nacht!

Andreas    Müde? Nein, das werden wir jetzt bestimmt nicht mehr! – Ich habe jedenfalls das Gefühl, ich könnte bis zum Ende der Welt laufen und wieder zurück. Und kalt ist mir jetzt auch nicht mehr!

Kleopas     Stimmt. Irgendwie ist jetzt alles anders! Wir haben erlebt, dass Jesus lebt, dass er bei uns ist! Wir haben ihn gesehen und ich spüre das in meinem Herzen. Ich habe jetzt nicht mehr nur seinen Tod und meine Trauer vor Augen, sondern ich sehe und spüre ihn mitten in meinem Leben. Dadurch sieht mein Leben jetzt völlig anders auch. Und selbst die Dunkelheit macht mir jetzt keine Angst mehr.

Andreas    Ja, das hast du wirklich sehr schön gesagt. Aber jetzt komm endlich. Wir können die andern doch nicht ewig warten lassen!!!

Beide rennen los und verschwinden

So, ihr lieben kleinen und großen Leute. So kann es uns ergehen, wenn sich der Blickwinkel ändert. Aus traurigen Gestalten werden fröhliche Gestalten, wenn Menschen Jesus begegnen und ihr Herz wieder brennt. Das ist Auferstehung. Das, das ist das Wunder von Ostern. Und das gibt es damals wie heute.

Auf eines muss ich jetzt am Schluss aber noch hinweisen. Wenn ihr nochmal das letzte Bild anschaut, fällt euch da was auf? – Genau, es sind nur noch Andreas und Kleopas drauf. Jesus ist nicht mehr zu sehen. Schon in der Bibel wird erzählt: Als sie ihn beim Brotbrechen erkannten, verschwand er vor ihren Augen. Und doch ist er auch auf diesem Bild drauf. Er ist nicht vor ihren Augen, sondern in ihren Augen.

Und das ist jetzt nochmal für uns heute wichtig. Denn klar ist: Jesus wird uns nicht mal eben so über den Weg laufen und sagen: Hallo, hier bin ich! Und uns, wenn wir‘s nicht glauben wollen, seinen Ausweis zeigen.

Aber trotzdem können wir ihm begegnen. Und zwar dann, wenn wir mutig unseren Blickwinkel verändern oder verändern lassen. Es liegt an unseren Augen: Wenn wir unseren Blick öffnen, dann können wir ihn in unserem Leben sehen. Vielleicht nur ganz anders, als wir es vielleicht erwartet haben.

Einer, der diesen offenen Blick gehabt hat, war Janucz Korczak. Der war Arzt und ein großer Freund der Kinder, für die auch er am Ende sein Leben gegeben hat. Der hat mal ein kleines Gedicht geschrieben. In dem steht, wie überraschend anders wir Gott begegnen können. Und dieses Lied steht unter der Nr. 3 auf dem Liedblatt und das wollen wir jetzt gemeinsam singen, denn genau das ist Ostern! Amen

Allein mit Gott

 

Ostern 2025 - Pastor Olav Metz

 

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